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Foto: A.Pletz

Der Schrauber-Freund!

Er hat die Werkstatt, er hat das Werkzeug, er hat die Erfahrung. Oh ja, ohne einen gescheiten Schrauber-Freund wäre das Motorradfahren nur halb so schön.

Nennen wir ihn Günther. An alten Kisten herumgeschraubt hat er eigentlich schon immer, doch richtig los ging´s dann mit den Land Rovern. Den ersten, einen aus der Serie IIA, erbsensuppengrün mit kurzem Radstand, haben wir vor Jahren noch gemeinsam aus Süddeutschland geholt. Der wurde zum ersten Vollsanierungsprojekt mit unbestimmten Ende und damit zum Vorbild für alle weiteren Anschaffungen.

Rasch kamen noch weitere Wracks dazu, bis es wohl um die acht Landies waren, die, komplett oder in Teilen, ums Haus herum geparkt wurden. Mir kam da immer eine Installation wie die „Cadillac Ranch“ in Texas in den Sinn: Acht Land Rover teilversenkt in den Gemüseäckern von Bardowick. Günther hatte aber andere Pläne. Seiner Ehe hat die Anhäufung britischen Altmetalls natürlich nicht so gut getan. Doch die Sache ist mittlerweile geklärt.

Das Vergängliche ist sein Ding

In seiner Freizeit verachtet Günther zielorientiertes Arbeiten, denn ihm wird schnell langweilig. Kleinbürgerliche Vorgaben wie „Dinge zum Abschluss bringen“, „wirtschaftlich denken“ oder „erst überlegen, ob man´s wirklich braucht“ sind seine Sache nicht.

Auch ist ihm das Vergängliche schon immer besonders lieb gewesen. Alter Stahl, altes Eisen, altes Aluminium, mit Beulen, Dellen, Rost, verwittertes Holz, schrundige Mechanik, rissiges Leder, verblichene Farben usw. waren und sind genau sein Ding. Technische Perfektion, schimmernde Oberflächen oder gar Hochglanz anstatt Patina? „Schwul!“ (also nein).

Aus dieser Einstellung resultiert dann auch sein innerer Auftrag, alte Motorroller, Motorräder oder Autos (unlängst gar einen englischen Spezial-Rasenmäher!) in größerer Zahl und zu jeder Zeit anzuschaffen. Ein wiederkehrender, spontaner Wahnsinn ohne Methode – und mir persönlich sehr willkommen, denn es ist stets tröstlich zu wissen, dass da einer noch mehr Kohle zu verbraten bereit ist als man selbst. Das liebe Geld vielleicht doch besser in die Altersvorsorge stecken? „Schwul!“ Danke, das wollte ich hören.

Ein ehrlicher Sammler

Logisch, es ist natürlich der gemeinsame Spaß am Schrauben, der uns verbindet. Wobei ich mich mit den eher kosmetischen Wartungsarbeiten an meiner BMW durchaus in einer unteren Liga sehe. In Wahrheit geht es aber um ein grundsätzliches Bündnis: Günther mag – wie ich auch – die alten Dinge um ihrer selbst willen. Und das müssen nicht nur Fahrzeuge sein. Jüngst hat er zum Beispiel ein Seminar über den Umgang mit historischen Plattenkameras gebucht. Ergebnis: siehe Titelfoto.

Dabei dient ihm der ganze Krempel nicht als Anlageobjekt bzw. zur Geldvermehrung. Erst recht nicht als ein Mittel, um sich Geltung zu verschaffen (die Meinung anderer ist ihm eh nicht so wichtig). Er ist in der Tat ein ehrlicher Sammler, der die alten Maschinen einfach gerne anschaut, bewegt und besitzt. Er hat Sinn für ihre Formen, Details und Historie und kann sich immer wieder aufs Neue begeistern… kurzum, er ist mit dem Herzen dabei! Ich finde das großartig.

Hilfsbereit, aber auch fies 

Ein echter Vorteil Günthers: Er ist wirklich sehr großzügig und sehr hilfsbereit! Stellplatz in seiner Halle? Passendes Werkzeug? Wie geht der Kardan ab? Günther ist dein Mann!

Sein großer Nachteil: Er ärgert andere gern! Zum Beispiel die Rückspiegel (Teile aus dem Zubehör-Handel) und der blaue Lack meiner BMW R60/7. Seit Jahren höre ich mir immer wieder an: „Geht gar nicht, die Spiegellösung!“. Oder: „Blaue Lagune!“ (Jaahaa. Das monza-blau ist aber ori-gi-nal!) Klemmt einmal – NUR EINMAL – eine Schelle oder Schraube am Moped, kommt unverzüglich ein „Geb´ dir 50 Euro für die Mühle“ durch die Halle gehöhnt. Und wischt man zu oft mit dem Lappen rum, heisst es prompt: „Putzi, Putzi ist lieeeb!“ Ich will hier nicht ausführlicher werden. Man muss es eben aushalten.

Motor-Buddy-Slang

Tiefschürfende Gespräche sind beim Schrauben eher ungewöhnlich. In der Regel geht es um das Wiederkäuen eines gewissen Motor-Buddy-Slangs, der die eigene Stimmung zum Ausdruck bringt.

Zum Beispiel Günthers Wortschöpfung: „Mugtischi“, die zumeist als Auszeichnung verwendet wird. In der Werkstatt hört sich das dann so an: Die neuen Teile für die Polizei-BMW? „Mugtischi!“. Oder die eine Frau da auf der Party: „Mugtiiischiii!“.

Die Negativ-Variante „Mugtizzle“ (sprich: Mugtissel) wird für gewöhnlich Männern zuteil. Der nervende Kunde mit seinen Sonderwünschen: „Mugtizzle!“. Der alte Kumpel von früher, der jetzt auf Facebook über sein Leben heult: „Mugtizzle!“. Und all die Schwätzer im Landy Forum… exakt!

Mit einem soliden Grundstock an derlei Begriffen beschränkt sich das Reden dann oft aufs Allernötigste. Da kriegt man unter Umständen auch erst nach Monaten mit, dass Günther zwar zwei alte BMW R 75/5 sein Eigen nennt, seinen Motorrad-Lappen aber noch nicht zurück hat…

Auch egal, in erster Linie geht´s uns ja ums Schrauben!

Autor: Achim Bartscht

FB: facebook.com/guenther

Auch schön

Aus Altersgründen zu verkaufen: BMW R25

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